Freitag, 19. August 2016

Thomas Franke: Das Haus der Geschichten

- ein Roman, der zum Nachdenken herausfordert.

Buchdaten
Gebundene Ausgabe: 368 Seiten
Verlag: Gerth Medien
Erschienen am: 1.1.2014
ISBN-13: 978-3865919625

Diesen Roman habe ich im Rahmen der neuen Themen-Leserunden - Bücher über Bücher - auf Whatchareadin gelesen.


Inhalt
Marvin Heider ist arbeitslos und lebt mit dem Pflegekater Poseidon in einer Zweizimmer-Wohnung in Berlin. Er hat Germanistik, Philosophie und skandinavische Literatur studiert, ist diversen Jobs nachgegangen und endlich erhält er von seiner Sachbearbeiterin ein Angebot, das er gerne annehmen möchte. Es ist die  Assistenz und Stellvertretung des derzeitigen Inhabers eines Antiquariats und einer narratorischen Apotheke. Das Einstellungsgespräch mit dem Inhaber Rasmus-Salomo Eichdorff, der Marvin an Bilbo Beutlin erinnert, verläuft entspannt.
Ein geheimnisvoller Raum im Keller des Antiquariats weckt Marvins Neugier, vor allem nachdem er die Erzählung "Der Schemen" gelesen hat, die ein schattenhafter junger Mann für Herrn Eichdorff abgegeben hat. Bevor er mit Rasmus gemeinsam den Raum betritt, lernt Marvin Linnéa kennen, die Enkelin des Ladenbesitzers, die ihm sehr sympathisch ist. Gemeinsam mit ihr und Rasmus setzt sich Marvin mittels der Geschichten in der narratorischen Apotheke mit mit seiner religiösen Einstellung auseinander. In den Gesprächen werden Fragen nach dem Glauben erörtert, nach dem Leben und Wirken Jesus und nach der Auslegung der Bibel. Dabei fängt Marvin, der in der ehemaligen DDR eine atheistische Erziehung "genossen" hat, ganz von vorne an.
Im Vordergrund stehen meines Erachtens die einzelnen parabelhaften Geschichten, die jeweils Anlass für Diskussionen bieten und Marvin einen neuen Lebensweg eröffnen.


Bewertung
Eigentlich ist der Roman nicht unbedingt ein Buch über Bücher, obwohl zumindest auf "Herr der Ringe" mehrfach verwiesen wird. Es ist eher ein Roman über eine religiöse Sinnsuche, der mittels der Parabeln neue Denkanstöße gibt. Diese Geschichten im Roman laden dazu ein, über die eigene Einstellung zur Religion und zu Gott nachzudenken. Im Grunde haben mich die einzelnen Parabeln, vor allem "Der Werhamster", "Die Brücke" und "Der König hinter den Nebeln" mehr fasziniert als die eigentliche Geschichte. Diese zeigt, welche Hilfestellung Rasmus mithilfe seiner narratorischen Apotheke zweifelnden Menschen natürlich auch Marvin bieten kann.
Marvins Ansichten erscheinen manchmal etwas naiv, wenn er z.B. über den Wahrheitsgehalt der biblischen Geschichten nachdenkt. Aber er stellt Fragen und setzt sich mit den Widersprüchen auseinander, auch wenn ich mir an manchen Stellen eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der Thematik gewünscht hätte.
Ein Kritikpunkt unabhängig von der Handlung ist die für meinen Geschmack zu überladene Sprache, die zu viele Adjektive und Attribute in einem Satz enthält:

"Als sich die Tür des Büros nach einem vorsichtigen Klopfen zögerlich öffnete und Marvin Heider mit einem entschuldigenden Lächeln und leicht geschwollener Oberlippe in den Raum trat, runzelte Freu Linder derart engagiert die Stirn, dass ihre akkurate Frisur bedrohlich in Schieflage geriet." (S.18)

Die Sprache in den einzelnen Parabeln ist dagegen viel weniger überladen, so dass ich diese auch unter stilistischem Gesichtspunkt ansprechender finde.

Ein Roman zum Nachdenken und Überdenken der eigenen religiösen Einstellungen.