Mittwoch, 19. April 2017

Hanna Lindberg: Stockholm Secrets

Der erste Fall für Solveig Berg.

Taschenbuch, 410 Seiten
Goldmann, 19. Dezember 2016

Inhalt
Die junge, aufstrebende Journalistin Solveig Berg hat nach einem kapitalen Fehler ihren Job bei einer der größten Nachrichtensites Newsfeed24 verloren. Um in die Branche zurückzufinden, unterhält sie einen Blog Sthlm Secrets - bisher ohne größeren Erfolg. Durch einen Zufall ist sie jedoch am Ort eines Verbrechens. Das bekannte Model Jennifer Leone wird tot aus dem Hafenbecken gezogen, nachdem sie mit mehreren anderen Models, dem Fotografen der Männerzeitschrift Glam Magazine, Lennie Lee, und dessen Freundin Marika Glans und auch Solveig selbst im Café Opera gefeiert hat. Kurz vor ihrem Tod hatte sie ein Streitgespräch mit Lennie, mit dem sie seit Jahren eine Affäre unterhält, der jedoch nicht bereit ist, sich von Marika zu trennen.
Solveig verlässt mit einem Freund Lennies, dem Psychologen Dan Iren (derjenige, bei dem ihr der Fehler unterlaufen ist) das Café Opera und ist daher unmittelbar vor Ort, als das Model gefunden wird. Sie beschließt der Sache auf den Grund zu gehen.
Abwechselnd wird aus der Sicht Solveigs und Lennies das Geschehen vorangetrieben. Lennie, dessen Magazin kurz vor dem Aus steht, wird von einem ehemaligen Kriminellen, der sich geläutert gibt und inzwischen Unternehmer ist - Jakob Adler - angeheuert, dessen 40. Geburtstag im großen Stil zu organisieren. Lennie wittert seine Chance, sich zu rehabilitieren und neu anzufangen, wenn da nicht die Leiche seines Partners Carlos Palm im Studio liegen würde. Was tun?
Jakob Adler wiederum hat einen persönlichen Assistenten, den Esten Kalju, der sich in Solveig verliebt. Die Verwicklungen klingen komplizierter, als es im Krimi zu lesen ist, schließlich gelingt es Solveig mehr oder weniger den Fall auf dem glamourösen Geburtstagsfest zu lösen. Wenn auch das Ende offen bleibt, schließlich ist dies der Auftakt einer Reihe...

Bewertung
Der Krimi ist in kurze Kapitel, die jeweils mit Datum und Tageszeit überschrieben ist, gegliedert und wird aus unterschiedlichen personalen Perspektiven erzählt - aus Solveigs, Lennies und Kajuls Sicht.
Allerdings bleiben die Figuren oberflächlich und flach. Wir erfahren nur wenig über ihren Hintergrund, ihre Herkunft oder das, was sie wirklich bewegt. Lennie erscheint als "geiler" Macho, der eine sadistische Neigung hat und Frauen lediglich als Objekte ansieht. Darüber hinaus ist er egozentrisch und will vor allem seine eigene Haut retten - ein unsympathischer Mensch auf der ganzen Linie.
Dagegen ist Kajul schwieriger einzuschätzen, vom Vater misshandelt, war Jakob Adler sein Retter, dem er zum Dank verpflichtet ist, obwohl er dessen kriminielle Machenschaften zunehmend ablehnt. Indem er sich in Solveig verliebt, scheint eine Wende seiner Person in den folgenden Bänden angelegt zu sein.
Das größte Problem für mich ist jedoch die Figur Solveig, die in meinen Augen völlig naiv, unbedarft, fast schon kindlich handelt. Als Ermittlerin eine Katastrophe, da hat die schwedische Kriminalliteratur Besseres zu bieten. Ihr fehlt sowohl die Tiefe und Melancholie eines Wallanders oder der Biss einer Annika Bentzon, die sich in einer von Männern dominierten Welt durchbeißen muss und mit ihren Ecken und Kanten eine interessante Figur bietet.
Insgesamt ist die Handlung von der Fabel her spannend, dramatisch zum Ende hin, aber die Figuren bleiben blass und unsympathisch. Zu Gute halten kann man dem Krimi, dass er einen guten Einblick in die Wirkung der Sozialen Medien und die Abhängigkeit von Likes und Teilen zeigt.
Trotzdem bleibe ich dabei, Schweden hat bessere und psychologisch interessantere Krimis, die vielleicht weniger Action, aber dafür mehr Tiefgang bieten.