Sonntag, 17. September 2017

Carlos Ruiz Zafón: Das Labyrinth der Lichter

- ein Ohrenschmaus.

Quelle: pixabay
Hörbuch von Audible
gesprochen von Uve Teschner
27 Stunden 26 Minuten


Kleine Leserunde auf whatchareadin
mit Sabine







Obwohl es der 4.Band der Reihe "Friedhof der vergessenen Bücher" ist, lässt sich dieser Teil unabhängig von den anderen lesen bzw. hören. Ich habe selbst vor Jahren "Im Schatten des Windes" gelesen und während des Hörens kam die ein oder andere Erinnerung daran auf. Doch die Geschichte steht für sich und ist extrem spannend und gut erzählt.

Inhalt
Zu Beginn begegnet uns Daniel Sempere, der von seinem Vater im ersten Band in das Geheimnis des Friedhofs der vergessenen Bücher eingeweiht wird.
Inzwischen ist er mit Beatrix verheiratet, hat einen vierjährigen Sohn, Julian, und ist mit seinem Vater gemeinsam Besitzer der Buchhandlung Sempere. Auch sein alter Freund Fermin ist noch an seiner Seite und sorgt mit seiner metaphorischen Sprache und seinen Zoten für Heiterkeit.

Er erzählt im Rückblick von seiner Ankunft in Barcelona im Jahre 1939, als er als blinder Passagier auf einem Schiff die Botschaft seines Freundes an dessen Frau (seiner einstigen Liebe) überbringen will. Dabei wird er von seinem alten Feind, dem brutalen und skrupellosen Fumero von der Geheimpolizei entdeckt, kann aber fliehen. Er erreicht das Haus seines Freundes, trifft aber nur dessen Mutter an sowie die kleine 8-jährige Alicia, die ihr Lieblingsbuch in der Hand hält: "Alice im Wunderland." Das Haus wird bombardiert, es gelingt Fermin sich und Alicia zu retten, gemeinsam fliehen sie im Feuer durchtränkten Barcelona.
Doch sie verlieren sich und Alicia stürzt in eine Bücherkathedrale - mitten in den Friedhof der vergessenen Bücher. Schwer verletzt überlebt sie diese Nacht und träumt immer wieder von diesem Ort - doch Fermin glaubt, sie habe nicht überlebt und er habe seinen Freund "verraten".

Die Handlung springt ins Jahr 1959. Der Kulturminister Mauricio Valls gibt gerade ein rauschendes Maskenfest, während seine schwer kranke Frau dahin vegetiert, sich seine Tochter Mercedes jedoch gut amüsiert.
Valls wird bedroht - mit Briefen, auch einen Anschlag hat es bereits auf sein Leben gegeben. An diesem Abend erhält er ein schwarzes Buch - es gehört zur Reihe "Das Labyrinth der Lichter" von Victor Mateix, der im Gefängnis Montjuic gesessen hat, in dem Valls während und nach dem Bürgerkrieg Gefängnisaufseher gewesen ist. Valls glaubt, dass hinter den Drohungen und dem Anschlag der Schriftsteller David Martin steckt, der gemeinsam mit Mateix eingeperrt war.
Valls versucht sich in Sicherheit zu bringen und verschwindet spurlos - nur sein Auto wird mit Blutspuren aufgefunden.

Alicia - jene Alicia, die Fermin hatte retten wollen - soll sich auf die Suche nach Valls machen. Sie arbeitet für Leandro, der wiederum der Politischen Polizei zuarbeitet. Er war es, der sie herunter gekommen auf den Straßen Barcelonas aufgelesen hat und sie zur einer Art "Geheimagentin" ausgebildet hat. Mehr oder weniger gezwungen arbeitet sie sehr effektiv für ihn, möchte ihn und ihre Arbeit jedoch verlassen. Der Fall Valls solle ihr letzter werden, verspricht Leandro, dann sei sie frei.
Gemeinsam mit dem Polizisten Vargas ermittelt sie und ihre Spur - nämlich der 4.Band der Reihe "Das Labyrinth der Lichter", den sie bei Valls finden, führt sie von Madrid nach Barcelona, auch in die Buchhandlung Sempere, die sie bereits als Kind besucht hat.
Alicia recherchiert die Fakten zu Victor Mateix und sie stoßen auf weitere ehemalige Insassen des Gefängnis Montjuic. So soll ein gewisser Salgado die Briefe geschrieben haben, er ist jedoch selbst ermordet worden.
Ein Fall mit vielen Handlungsfäden, die am Ende in einem Trommelwirbel entwirrt werden, bevor der Roman in einem ruhigen Fahrwasser zu Ende geht.

Denn Julian Sempere verfolgt das ehrgeizige Projekt, die Geschichte seiner Familie zu erzählen und mit diesem Kunstgriff führt Zafon alle Teile der Reihe - "Der Schatten des Windes", "Das Spiel der Engel", Der Gefangene des Himmels" und "Das Labyrinth der Lichter" - geschickt zusammen.

Bewertung
Trotz der sehr langen Hörzeit wird dieser Roman - bis auf den letzten Teil, der etwas ausufert - nicht langweilig. Im Gegenteil, ich bin in eine Art Sog geraten und wollte immer weiter hören, was auch dem hervorragenden Vorleser gelegen hat. Vielen Dank an Literaturhexle, die mir alle Namen aufgeschrieben hat, denn beim Hören der spanischen gerät man zu Beginn durcheinander.

Eine sehr spannende Geschichte, in der man wenig vorhersehen kann und die Charaktere glaubwürdig agieren, die Handlung immer wieder Fahrt aufnimmt, es aber auch ruhige, reflektierende Passagen gibt. Die Fäden entwirren sich zufriedenstellend am Ende, wenn auch der ein oder andere sympathische Protagonist auf der Strecke bleibt.
Meine Lieblingsfigur ist der kauzige Fermin, über dessen Sprache und Witze ich immer wieder lachen musste.
Der geschichtliche Hintergrund hätte für meinen Geschmack noch stärker thematisiert werden können, da ergeht sich Zafon in vielen Andeutungen, während die Topographie Barcelonas ausführlich geschildert wird.

Insgesamt ein echter Hörgenuss, ein opulenter, nach dem ich persönlich jetzt was Leichteres und sprachlich Puristischeres brauche ;)

Auf whachtareadin ist unser gesamter Dialog zu lesen:

Literaturhexles Meinung
Ich bin total begeistert vom Erzählstil des Autoren: Die Sprache erscheint ein klein wenig distinguiert, aber passend zur Zeit, in dem es spielt. Auch gibt es in Spanien starke Standesunterschiede, auf die auch in Dialogen Rücksicht genommen wird. Trotzdem blitzt hier und da auch Humor auf. Viele Namen treten schon im ersten Viertel auf. Zum Glück habe ich das Buch hier, wenn man sie geschrieben sieht, ist das Einprägen leichter. Auch die Zeitsprünge kann man im Buch leichter nachvollziehen.
Die Figuren sind sehr genau gezeichnet, der Autor kann die Atmosphäre mit seinen Worten heraufbeschwören, die recht dunkel und geheimnisvoll ist. Das Personal ist zum Teil mit dem der Romanvorgänger identisch. Man kann das Labyrinth der Lichter aber völlig losgelöst lesen.