Mittwoch, 8. April 2020

Graham Swift: Da sind wir

- "Here we are"

Leserunde auf whatchaReadin

Den englischen Titel habe ich deswegen zitiert, da wir uns in der Leserunde einig sind, dass die deutsche Übersetzung die englische Redewendung nur unzureichend widerspiegelt.
"Da wären wir" trifft es vielleicht besser, es sind Worte, die der "flinke Jack", so heißt einer der Protagonisten, der durch eine Varieté-Show in Brighton in den 50er Jahre führt, sagen würde, wenn er auf die Bühne kommt.


Zu Beginn des Romans steht eben jener Jack am Rand der Bühne, kurz vor seinem Auftritt, es scheint fast, als habe er Lampenfieber und brauche einen "Schubs" auf die Bühne. In der Show treten neben ihm Pablo und Eve, ein Zauberer und seine Assistentin auf, die das Publikum mit "Illusionen" begeistern. Die beiden sind bzw. waren ein Paar, einige Andeutungen weisen darauf hin, dass sie sich getrennt haben und Eve statt dessen mit Jack eine Affäre hat.

Der erste Rückblick führt die Leser*innen in Ronnies, das ist der bürgerliche Name des Zauberers, Kindheit. Im 2.Weltkrieg wurde er von seiner Muter, die in London als Putzfrau arbeitet und dessen Vater auf See ist, aufs Land geschickt. Ronnie hat Glück. Ein kinderloses Ehepaar nimmt ihn auf, Eric und Penny. Von Eric, dem großen Lorenzo, lernt er die Zauberei und hält an ihr fest, auch gegen den Willen seiner Mutter. In der Militärzeit lernt er Jack kennen, der ihm rät, eine Assistentin einzustellen. So trifft er auf Evie White, die zu Eve wird und "da wären wir".

Ein überraschender Zeitsprung führt uns zur 75-jährigen Evie White, die sich an die Ereignisse in Brighton zurückerinnert.

Die wechselnden personalen Perspektiven ermöglichen einen Einblick in alle der Hauptfiguren, wobei vieles nur angedeutet und wenig direkt ausgesprochen wird. Man ist als Leser*in gefordert, die Leerstellen zu füllen und gerade das macht den Reiz dieses kleinen, aber feinen Romans aus.
Zudem entführt er uns auch in die Welt der Zauberei, was ist ein Trick, was Magie und Illusion?
Zu erwähnen ist auch der Papagei, der das Cover ziert. Einst ein Geschenk des Vaters, hat die Mutter ihn verkauft - auch er heißt Pablo und Ronnie muss oft an ihn denken. Fühlt Ronnie sich "wegegeben" von der Mutter, will er frei sein? Fragen, die sich teilweise im Lauf des Romans beantworten lassen, doch einiges bleibt offen...

Aufgrund der Rückblicke und wechselnden Perspektive erhaschen wir immer nur Ausschnitte dieser Dreiecks-Geschichte und müssen uns letztlich selbst ein Bild machen. Dennoch verzaubert dieser Roman - auch aufgrund der wunderbaren Sprache Swifts.

Vielen Dank für das Lese-Exemplar!