Mittwoch, 22. August 2018

Carol Rifka Brunt: Sag den Wölfen, ich bin zuhause

- ein Plädoyer für Toleranz.

Kurzrezension
Die 14-jährige June Albus, aus deren Ich-Perspektive die Geschichte erzählt wird, hat ein besonderes Verhältnis zu ihrem Onkel Finn, ihrem Paten und einem Künstler, der in New York lebt, jedoch keine Bilder mehr veröffentlicht.
Da Finn an Aids erkrankt ist, möchte er ein letztes Porträt von June und ihrer 16-jährigen Schwester Greta malen. Die Geschwister, die einst beste Freundinnen waren, haben sich auseinander gelebt. Während Greta eine Art "Superstar" ist, da sie eine Klasse übersprungen hat, in einem Musical die Hauptrolle singt, hübsch, intelligent und beliebt ist, fühlt sich June ihr unterlegen. Sie streift nach der Schule am liebsten im Wald herum, in einem mittelalterlichen Aufzug und hört den "Wölfen" zu. Sie ist eine Träumerin, die sich in eine Fantasiewelt flüchtet und am liebsten Zeit mit ihrem Onkel verbringt.


Als dieser stirbt, vermacht er ihnen das Porträt "Sag den Wölfen, ich bin zuhause" und lässt June todtraurig zurück. Auf der Beerdigung taucht ein junger Mann auf, über den Junes Mutter sagt, er habe Finn getötet.

Toby bemüht sich Kontakt zu June aufzunehmen, da er Finn genau so geliebt habe wie sie. Zunächst weigert sich June, ihn zu treffen, doch dann wagt sie den Schritt, den Menschen kennen zu lernen, den Finn geliebt hat und es entwickelt sich eine besondere Freundschaft zwischen den beiden.
Neben dieser Beziehung steht auch die der beiden Schwestern im Mittelpunkt, die von Eifersucht, aber auch von Sehnsucht zueinander geprägt ist.

Bewertung

Die Geschichte spielt in den 80er Jahren, als die Krankheit Aids gerade erst ins Bewusstsein rückte und viele dachten, es sei die gerechte Strafe für Homosexualität. Diesem Gedanken tritt der Roman entschieden entgegen, indem die Liebe zwischen Finn und Toby sehr sensibel geschildert wird und es keinen Unterschied macht, ob man hetero- oder homosexuell "liebt".
June sieht in Toby konsequenterweise einen Konkurrenten, einen jungen Mann, der ihren Onkel ebenso sehr geliebt hat wie sie selbst.
Die sympathische Identifikationsfigur sensibilisiert Jugendliche für das Thema Aids, gleichzeitig geht es um erste Liebe, Eifersucht und Konkurrenz unter Geschwistern. Gretas Kratzbürstigkeit gegenüber June resultiert letztlich daraus, dass sie sich in der besonderen Beziehung zwischen June und Finn ausgeschlossen fühlt. Das Porträt als Chance sie zusammenzuführen?
Finn hat seine eigene Beziehung zu seiner Schwester, Junes Mutter vor Augen, die an seiner Homosexualität und seinem Drang nach Freiheit gescheitert ist. Hat sie deswegen so große Erwartungen an Greta? Soll diese ihre ungelebten Chancen verwirklichen?
Ein Jugendroman, in dem es ums Erwachsenwerden geht, darum seinen Weg im Leben zu finden und eigene Entscheidungen zu treffen, mit dem für Jugendliche typischen Pathos und ihrer Absolutheit - das Differenzieren muss noch warten ;)

Ein schönes Hörbuch für zwischendurch, das mir auch als Erwachsenen gut gefallen hat - vielleicht auch, weil meine Tochter das Alter der Protagonistin hat ;)

Hörbuch, 13 Stunden und 17 Minuten
Sprecherin: Jodie Ahlborn