Samstag, 19. September 2015

Johan Theorin: Nebelsturm

Ein mystischer Kriminalroman aus Schweden

Inhalt
Schauplatz der Handlung ist die Insel Öland, eine schwedische Ostseeinsel, die ein besonderes meteorologisches Phänomen aufweist, den sogenannten Nebelsturm, "der in Begleitung von Eis, Schnee und Nebel über die Landschaft fegt und alles mit sich reißt, das sich ihm in den Weg stellt."
Dieses Phänomen spielt eine entscheidende Rolle in diesem Krimi, dessen Hauptschauplatz der Hof Aludden ist, der angeblich aus der Ladung eines Schiffswracks im Jahre 1846 errichtet wurde. Innerhalb der eigentlichen Handlung sind immer wieder Geschichten des Hofs eingebettet, die sich ausschließlich mit Menschen befassen, die auf oder um den Hof gestorben sind. Diese Geschichten wurden von Mirja Rambe gesammelt, die in den 1950er Jahren im Waschhaus des Hofes gelebt hat und deren Tochter Katrine mit ihrem Mann Joakim Westin, ihrer sechsjährigen Tochter Livia und dem zweijährigen Gabriel eben jenen Hof gekauft hat und diesen restauriert. Die Familie zieht aus der Metropole Stockholm in die Einsamkeit Ölands, etwas ist der von ihnen liebevoll restaurierten "Apfelvilla" vorgefallen.
Die Familie fühlt sich zunächst wohlauf dem Hof, zu dem zwei Leuchttürme gehören, wobei der Nordturm nicht mehr leuchtet. Die Scheune birgt ein Geheimnis, sind doch auf ihrem Dachboden die Namen aller Toten auf die Holzbalken geschrieben. Eben jene Toten sollen den Hof Aludden an Weihnachten heimsuchen und eine Messe abhalten - so die Sage.
Dann ertrinkt ein Familienmitglied und stürzt den Überlebenden in Depressionen und Lethargie...

Neben den Westins ist auch Tilda Davidsson neu auf der Insel, sie übernimmt das Polizeirevier in Marnäs und führt Gespräche mit ihrem Großonkel Gerlof über die Vergangenheit ihres verstorbenen Großvaters Ragnar, der gleichzeitig die Quelle für Mirjas Geschichten über den Hof ist.
Auch eine Verbrecherbande spielt eine Rolle in diesem düstern Krimi, der von Gesprächen über die Existenz von Geistern und dem Wunsch den Toten wieder zu begegnen geprägt ist.
Während eines Nebelsturms kommt es zu einem Showdown auf dem Hof Aludden, der alle Protagonisten zusammenführt. Am Ende steht jedoch eine stille, überraschende Auflösung des Todesfalls sowie ein "Kommentar" zu den Geschichten über den Hof.

Bewertung
Der Aberglaube spielt eine große Rolle in diesem Kriminalroman. So leuchtet angeblich der Nordturm in der Nacht, bevor sich ein Todesfall ereignet. Die Bewohner des Hofes können angeblich die Toten flüstern hören und einige finden auch den Weg in die Scheune zurück.
Mysteriös mutet die Szene an Weihnachten an, an dem Joakim angeblich Katrine trifft und ihr ein Geschenk hinterlässt, das sich später auf ihrem Grab wiederfindet - oder ist es ein anderes Kleidungsstück?
Für jemanden, der wie ich überhaupt nicht abergläubisch ist und auch nicht an Geister glaubt, wirken diese Szenen trotz allem nicht skurril oder lächerlich. Im Gegenteil - sie transportieren den Glauben an alte Volkssagen einerseits und verdeutlichen den verzweifelten Wunsch der Hinterbliebenen den verstorbenen, geliebten Menschen wieder zu begegnen, sich von ihm verabschieden zu können. Sie zeigen auch die Verzweiflung, das Geschehene wieder ungesehen machen zu wollen, so braucht Joakim sehr lange, um den Kindern überhaupt zu sagen, dass ihre Mutter gestorben ist.
Das wirkt befremdlich, zeigt aber sein Unvermögen, ihren Tod akzeptieren zu wollen, daher auch die "Geistererscheinungen". Trotz allem ist der Krimi nicht nur düster, die Figuren sind gut gezeichnet und ihre Handlungen nachvollziehbar.
Auch die Erläuterungen zum Wetterphänomen sind spannend, man merkt, dass der Autor selbst ölandische Wurzeln hat.

Buchdaten
2.Band der Öland-Reihe

Taschenbuch: 448 Seiten
Verlag: Piper Taschenbuch
Erschienen am: 1.2.2011
ISBN: 978-3492263672