Dienstag, 29. September 2015

Nina George: Lavendelzimmer

Hörbuch, gelesen von Nina George und Richard Barenberg


Inhalt
Monsieur Perdu besitzt eine literarische Apotheke, eine Seelenapotheke, auf einem alten Frachtschiff, der Lulu, in Paris, am Ufer der Seine. Seine Bücher sind für seltene Leiden, die Medikamente nicht heilen können. So empfiehlt er Bücher gegen Heimweh oder gegen die Melancholie am Geburtstag, wenn man der verlorenen gegangenen Jugend gedenkt. Natürlich gibt es auch Bücher gegen Liebeskummer oder für Frauen, die ihre Männer zuhause nicht ertragen können.
Monsieur Perdu findet für jeden das passende Buch, indem der den Menschen Fragen stellt, um ihre Leuchtwörter herauszufinden. So erkennt er, was sie mögen, aber auch, was sich nicht mögen. Wie er es ausdrückt, er vermag sie zu "durchhörschauen".
So verlassen sich alle Bewohner des Hauses, in dem Mr. Perdu eine Wohnung besitzt, darauf, dass er ihnen die entsprechenden Bücher empfiehlt und mitbringt. Perdu selbst möchte eine große Enziklopädie der kleinen Gefühle verfassen, um für alle Gefühle dann die entsprechenden Bücher "verschreiben" zu können.

Als eine neue Bewohnerin, Catherine, einzieht, die von ihrem Mann, einem Künstler vor die Tür gesetzt wurde, bittet ihn eine Nachbarin, ob er der neuen Mieterin Möbel spenden könne. So öffnet er ein Zimmer seiner Wohnung, das Lavendelzimmer, das seit 20 Jahren verschlossen ist. In ihm hat er eine Frau geliebt, an die er nicht mehr denken möchte und deren Namen er nicht mehr aussprechen will.  In dem Küchentisch, den er Catherine schenkt, findet diese einen Brief jener Frau. Vor 20 Jahren, als sie ihn verlassen hat, hatte sich Perdu geweigert, ihn zu lesen.
Doch mit Catherine, der er Bücher gegen das Verlassenwordensein vorbei bringt, verbindet ihn eine unerfüllte Leidenschaft nach dem Leben und der Liebe. So lässt er sich darauf ein, den Brief, zu lesen. Die Zeilen verändern alles, denn Manon hatte ihn gebeten in die Provence zu kommen, da sie sterben müsse. Überstürzt beschließt er die Apotheke von den Leinen zu lösen und in die Provence und in die Vergangenheit zu reisen. Der junge Autor Max schließt sich ihm an und so machen sie sich gemeinsam auf den Weg - der eine, weil er nach einem fulminanten Debüt nichts mehr schreiben kann, der andere, um sich endlich seiner Vergangenheit und seiner Trauer zu stellen. Auf ihrer Schiffsreise besuchen sie einen bekannten amerikanischen Autor, mit dem sie gemeinsam eine Tangobar aufsuchen. Den Tanz, den einst Manon Jean gelehrt hat. Sie gabeln einen Italiener - Salvatore aus Neapel - auf, der sie fortan begleitet, da er seine große Liebe sucht, die auf einem Frachter unterwegs ist. Bis zur Provence verbindet die Männer eine immer tiefer gehende Freundschaft. Schritt für Schritt offenbaren ihre Lebensgeschichten und als sich ihre Lebenswege kurzfristig wieder trennen, finden sie alle auf ihre Weise ihr Lebensglück und die Liebe wieder. Auf Jean wartet, als er endlich Luc gegenübersteht, noch eine Überraschung, das Reisetagebuch Manons, das immer wieder in die Geschichte Perdus die Reisetagebuchaufzeichnungen Manons (gelesen von der Autorin selbst) eingeschoben wird. Diese ist einst nach Paris an die Sorbonne und hat dabei Jean Perdu im Zug kennengelernt, obwohl sie dem Weinbauer Luc versprochen ist. Der jedoch hat ihr die Freiheit geschenkt, eine Freiheit, die sie in der Liebe zu Jean auslebt, den sie genauso liebt wie Luc.

Bewertung
Ein wunderbares Buch über die große Liebe und deren Verlust, über die scheinbare Unmöglichkeit danach weiter zu leben, zu lieben und zu träumen. Oder wie es Mr Perdu ausdrückt: sich einzuwickeln in seine Seelenapotheke, ohne den Mut zu haben, sich aus dem selbst gewebten Kokon zu befreien. Sich einzugestehen, dass es eine lange Zeit der Trauer, der Wut, eine Zwischenzeit braucht, um nach einem Abschied wieder neu zu beginnen.
Der Roman ist aber auch eine Hommage an die positive Macht der Bücher, an ihre Fähigkeit uns über Gefühle hinweg zu helfen, sie zu verstärken, in ihnen zu versinken. Der Roman spricht unendlich viele verschiedene Gefühle an, die Perdu ja auch sammelt und jede/r erkennt das ein oder andere Gefühl wieder.
Es ist wirklich ein großartiger Roman - Wermutstropfen sind die Reiseaufzeichnungen Manons. In zweierlei Hinsicht: Die Sprache ist zu überladen, gefühlsselig, mir persönlich teilweise zu schwülstig und, das ist jetzt auf das Hörbuch bezogen, die Stimme der Autorin gefällt mir nicht, die wirkt fast lasziv und das wird dem Inhalt nicht gerecht.