Eine Dystopie, in der das menschliche Leben fast nur noch in virtuellen Welten stattfindet und die Rationalität höchste Priorität hat.
Inhalt
Luna ist eine Verweigerin, da ihre Mutter Astra vor Jahren bei einem Online-Spiel ums Leben gekommen ist. Also hat sie, im Gegensatz zu allen anderen auch kein Implantat, das es den Menschen ermöglicht, jederzeit miteinander zu kommunizieren, sich Stadtpläne virtuell zeigen zu lassen, während man selbst unterwegs ist. Eine Art Smartphone im Kopf.
Das Besondere an dieser schönen neuen Welt ist aber, dass man sich über sogenannte Plug-in-Points in eine virtuelle Welt einloggen kann, um dort zu spielen, Sport zu treiben, sich mit Freunden zu treffen. Selbst die NUN - die Neuen Vereinten Nationen - halten dort ihre virtuellen Versammlungen ab. Der Körper ist währenddessen an einer Versorgungsstation mit lebenserhaltende Maßnahmen angeschlossen. Der Körper relaxt, der Geist kann auf die Reise gehen, pausenlos, Schlaf ist nicht mehr notwendig.
Luna hingegen wird es schlecht, sobald sie in der virtuellen Welt unterwegs ist, und - das ist das Besondere- sie ist sich ihres Körpers in der realen Welt immer bewusst, etwas, dass sie von den anderen trennt. Ihr bester Freund Hex dagegen ist ein Hacker, diese sind in der Lage, die von der mächtigen Firma Pare-Co erschaffene Welt zu modifizieren. Und genau auf diese klugen Köpfe haben es Pare-Co abgesehen.
Deshalb ist Luna auch so überrascht, als sie als Verweigerin zu einem Test dieser Firma eingeladen wird. Die Tests bestehen aus einem IQ - und einem RQ (Rationalitäts)-Test, da nur die Intelligenten benötigt werden, die auch rational handeln.
Während der Tests lernt Luna den Shacker Gecko nennen. Während Hacker in den bestehenden virtuellen Welten in der Lage sind, die Codes zu verändern, können die Shacker - diejenigen die "Silber hacken" diese Welten selbst beeinflussen, indem sie sich das Silber des Nullraums - der Raum, aus dem alle virtuellen Welten erschaffen werden- zunutze machen und sich von ihrer Intuition und ihrer Kreativität leiten lassen. Eigenschaften, die in der von Rationalität bestimmten Welt verpönt sind. Shacker erkennen sich daran, dass sie um die Augen silberfarbene verschlungene Tattoos haben, die man nur bei Sternenlicht sieht.
Gecko warnt Luna vor der mächtigen Pare-Co-Firma, da sie als Herstellerin der Implantate in der Lage ist, die Menschen zu manipulieren. Außerdem werden die besten Hacker jedes Jahr auf die Unzugängliche Insel eingeladen, wo sie eine Stelle im Think Tank erhalten, um dort neue virtuelle Welten zu kreieren. Von dort aber nie zurückkehren.
Auch Luna erhält nach ihrem Test eine Anstellung als Programmiererin auf der Insel, doch auf der Fahrt zum Flughafen geschieht ein Unfall. Sie wird von Geckos Freunden abgefangen, während er selbst gefangen genommen wird. Sie lernt die Freundin ihrer Mutter - Tempo - kennen, die ihr einen Einblick in ihre Fähigkeiten als Shackerin ermöglicht und ihr die Erinnerungen ihrer Mutter öffnet. Doch es stellt sich heraus, dass Tempo ihre eigenen Pläne verfolgt.
Bewertung
Die Faszination, die von Dystopien ausgeht, ist, dass man auf Probleme und Gefahren unserer Welt hinweisen kann, indem man den schlimmstmöglichen Fall als Fantasie weiterspinnt.
In diesem Fantasyroman werden die Möglichkeiten unsere vernetzte Welt noch gesteigert, indem das Leben praktisch nur noch aus virtuellem Leben besteht, v.a. die Computerspiele dominieren das Leben der Menschen, wobei der Unterschied zu heute darin besteht, dass man sozusagen live mitspielt - als Teil der virtuellen Welt. Toll, wird der ein oder andere denken, doch der Roman zeigt auch die Schattenseite einer solchen Welt, in der ein mächtiger Konzern die Fäden in der Hand hat. Da ist von Implantat-Junkies die Rede, dem plötzlichen Teenagertod, da diese nicht mehr wirklich schlafen und von zurückgehenden Geburten zahlen - wer will schon realen Sex, wenn es in der virtuellen Welt spannender ist?
(nicht weiterlesen, wenn ihr das spannende Buch selbst noch lesen wollt!)
Das Rätsel der verschwundenen Hacker ist so schockierend, dass mir im ersten Moment tatsächlich buchstäblich schlecht geworden ist. Benötigt wird nämlich nur deren Gehirn, das in einem "Think Tank" lagert, und von dort für alles Zeiten virtuelle Welten erschaffen kann, während der Körper als Organersatzlager herhalten muss.
Insgesamt sprüht der Roman vor Fantasie und ist selbst für Computerspielunerfahrene und solche, die sich nicht in Algorithmen unterhalten können, faszinierend. Wenn Terry beschreibt, wie Luna die virtuelle Welt zum Einstürzen bringt, Shacks errichtet oder Silber sammelt, wirkt das ganz selbstverständlich und ist auch in sich schlüssig. Amüsant finde ich die die intertextuellen Bezüge, so stammt Lunas Namen aus der Harry Potter -Welt, da sich ihre Eltern dort kennengelernt haben. Auch ihre Fantasytrilogie "Gelöscht" ist eine virtuelle Welt, in der Lorder gegen Slater spielen - ein witziger Einfall.
Am Ende des Romans ist die Handlung für meinen Geschmack zu stark gerafft - da hätte die Autorin dem Finale mehr Raum geben sollen.
Insgesamt aber ein großartiger und sehr spannender Fantasyroman!
Buchdaten
Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
Verlag: Coppenrath