Buchdaten
Taschenbuch: 79 Seiten
Verlag: NovaCuriaMedien GmbH
Erschienen 2016
ISBN-13: 978-3-981832105
Ich möchte mich beim Autor Christoph von Fircks für das Leseexemplar bedanken, zu dem ich deshalb gekommen bin, weil Romane und Erzählungen Gegen das Vergessen auf meinem Blog eine wichtige Rolle spielen.
Wie der Autor auf der Rückseite bemerkt, basiert "die Erzählung (...) auf realem Geschehen in den frühen 1960-ger Jahren in der DDR". Er verarbeitet darin seine Studienzeit, die er an der Bergakademie in Freiberg/Sachsen absolviert hat, entstanden ist sie in der Wendezeit 1989.
Inhalt
In einem Cafe sitzen sich zwei ehemalige Studenten der Bergakademie Freiberg gegenüber. Der beruflich erfolgreiche Bernhard ist Referent auf der Tagung, auf der sie sich wieder treffen. Zwei Stunden verbleiben ihnen, um über die Vergangenheit zu reden, aber es ist nicht ihre eigene, die im Vordergrund steht, sondern Protagonist ist der ehemalige Mitstudent Gotthold.
Dabei wendet sich der Ich-Erzähler an Bernhard, der selbst nicht zu Wort kommt, so dass die Erzählung wie ein langer Monolog erscheint, in dem der Ich-Erzähler jedoch vermeintlich auf die Einwände des Gegenüber reagiert.
Während der Ich-Erzähler mit Bernhard keine Freundschaft pflegte, wird jener Gotthold ein treuer Weggefährte, der ihm im Bereich der höheren Mathematik hilft und ein wichtiger Gesprächspartner ist. Entstanden ist diese tiefe Freundschaft während eines Ernteeinsatzes, nach einem Abend, als sich Gotthold alkoholisiert dem Ich-Erzähler gegenüber öffnet:
"Nicht erwarten könne er es, fertig zu werden, endlich Mensch sein zu dürfen. Er bitte täglich um Ideen, kämpfe um die Wissenserweiterung, um aus den Ideen Wirkungen zu bringen. (...) Gotthold war versessen darauf, anderen Menschen Gutes zu tun." (S.18f.)
Gleichzeitig ist er ein kritischer Geist, der im "Gesellschaftsunterricht" einige Thesen der geltenden Lehrmeinung wissenschaftlich fundiert hinterfragt und damit in den Fokus der staatlichen Überwachung gerät - vermutlich. Zumindest wird ihm ein Forschungsprojekt nicht genehmigt, er solle erst sein Grundlagenstudium fertigstellen. Über jenes Projekt hat Bernhard seine Doktorarbeit geschrieben, das wirft ihm der Ich-Erzähler vor.
Mit der Einführung der Wehrpflicht offenbart sich Gottholds pazifistische Einstellung, er fordert die anderen auf, sich gegen die Wehrpflicht zu positionieren und einen Protestaufruf zu unterschreiben.
Als er sich melden soll, "verletzt er die Grenze" und es gelingt ihm in den Westen zu fliehen, in dem er allerdings kein Glück findet, so dass er tatsächlich zurückkehrt und mit entsprechenden Repressalien konfrontiert wird. Der Ich-Erzähler reflektiert dabei immer wieder seine eigene Rolle und fragt sich, inwiefern er hätte anders handeln können.
Bewertung
Die kurze Erzählung schildert sehr eindrücklich die Atmosphäre des Studiums an der Bergakademie. Dem Autor gelingt es, den Druck, der auf jene ausgeübt wurde, die sich der Konformität des Systems widersetzen, deutlich zu machen. Ist der Anfang etwas mühsam zu lesen, nimmt die Geschichte im Verlauf der Erzählung an Fahrt auf und man ist gespannt, was aus Gotthold geworden ist. Gleichzeitig nimmt die Verachtung für den systemkonformen Bernhard zu.
Die Wertung der Figuren aus der Sicht des Ich-Erzählers kommt mir manchmal zu offensichtlich daher, zu moralisch, obwohl sie natürlich berechtigt ist. Den Lesenden bleibt jedoch keine Freiheit, selbst eine Wertung vorzunehmen.
So hat mich die Geschichte selbst überzeugt. Probleme hatte ich mit der Sprache, die von teilweise langen Sätzen und vom Nominalstil geprägt ist. Dazu kommen auch Fehler in der Kommasetzung, die den Lesefluss beeinträchtigen.
Nichtsdestotrotz ein wichtiges Dokument gegen das Vergessen.