Gebundene Ausgabe:101 Seiten
Verlag: Louisoder
Erschienen am: 24. August 2016
Erstausgabe: 1962
ISBN-13: 978-3944153346
Originaltitel: The Lestriad
Vielen Dank an den Louisoder Verlag, der mir dieses Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat.
Inhalt
Der Roman erzählt sehr eigenwillig von einem jungen Paar - Michael und Moira, die sich im Kino den Film "Das 7.Siegel" von Ingmar Bergmann ansehen, in dem der Ritter Antonius Block auf den Tod trifft, der ihm sein Lebensende offenbart. Dem Ritter gelingt jedoch ein Aufschub, solange der Tod ihn nicht beim Schachspielen geschlagen hat, darf er weiterleben.
Zunächst schildert Michael aus seiner Sicht das Filmerlebnis.
"Er war so sehr ein Kind seines Jahrhunderts, das fühlte er, schlaff, überfordert, unfähig zum Handeln. Weil Heldentum ein Statement des Lebens war jenseits aller Definition, eine große Woge der gesamten Menschheit in einem einzigen Mann, völlig unmöglich in seiner eigenen Epoche, das fühlte Michael, und für ihn Ursache großer Traurigkeit, weil er sich in seinem Jahrhundert so verschwendet vorkam, eingeengt, beobachtet." (S.6)
Nach einem gemeinsamen Essen trifft Michael mit Moira in einer Kneipe auf seinen Freund, den Dichter Frickle und Mink, den Stotterer, der Frickel fördert und bewundert.
In der Nähe sitzt Lester - verkleidet als Ritter Antonius Block (?).
Der Mittelteil widmet sich den Visionen oder Halluzinationen Lesters, dessen Lanze und Streitkolben abhanden gekommen sind.
Lester liegt auf einem Bett, über dem an der Decke ein großer Spiegel prangt - genau wie über Michaels Bett, in dem er mit Moira am Ende des Abends landet und nach dem Sex einschläft.
Die Visionen und Assoziationen des "Ritters" könnten Michaels Träume, Ängste und Wünsche sein, Lester als sein Alter ego (?) - das bleibt offen.
Zunächst sieht Lester eine Party, auf der Lincoln, Michaels älterer Bruder, ihren Vater und Michael selbst tötet, weil er ihn verachtet:
"Er verachtete Michael, weil er in seinem Bruder all das erkannte, was er selbst einst gewesen war, all das, was er an sich selbst gern töten wollte." (S.32)
Auch Dichter Frickle taucht auf der Party auf und steigt mit Moira, die es angeblich mit jedem treibe, ins Bett. Neben jenem taucht eine fette Gestalt auf, die zuvor auch in Lesters Schlafzimmer erschienen ist. Lincoln liest gerade eine Kurzgeschichte "Die flüchtige Begegnung", die als Geschichte im Roman erzählt wird:
Zwei alte Studienbekannte treffen sich, während der einst schillernde ein langweiliges, konventionelles Leben führt, ist der einst vermeintlich langweilige ein Abenteurer geworden.
Es sind die Fragen und Ängste eines Heranwachsenden, was aus dem eigenen Leben werden wird, die hier zur Sprache kommen.
Lester selbst erscheint auf der Party und es folgen viele assoziative Szenen: Der von Wahnvorstellungen heimgesuchte Onkel Michaels taucht auf, plötzlich ist Lester im Sportwagen, des Rennfahrers Raffaele di Molfetta, einem Freund Michaels, der auch auf der Party war...das ist schon sehr skurril.
Im letzten Teil des Romans ist es Moiras Sicht auf den Film, das Essen und das Treffen, das sich ganz erheblich von der Perspektive Michaels unterscheidet und eine andere Sichtweise anbietet.
"Er (Michael) war ein Mann. Die Stadt war voll von diesen gezähmten Tieren, die im Rudel so mutig waren. Deren alberne Lust. (...) Sie wollte mehr Widerstand. Sie wollten einen Mann, so einen wie Antonius Block, in dessen Augen sie nicht eindringen konnte." (S.82)
Bewertung
Es ist ein sehr seltsam anmutender Roman, der den Lesenden einiges abverlangt, unter anderem die Bereitschaft, sich auf dieses experimentelle, zwischen Fantasie und Realität pendelnde Erzählen einzulassen.
Ein Roman, der die Identitätssuche eines jungen Mannes auf sehr eigenwillige Weise beleuchtet - keine leichte Kost, sondern experimentelles Schreiben, das die tradierten Konventionen des Erzählens sprengt.
Es ist das Erstlingswerk des Autors Steve Katz, der zu den "100 wichtigsten Avantgarde- Autoren der Vereinigten Staaten" (Umschlag) zählt.
Ein Roman, der skurril und gewöhnungsbedürftig ist, den ich teilweise auch zweimal lesen musste, um ihn ansatzweise zu verstehen - ein Experiment - auch für die Lesenden!