Samstag, 25. November 2017

Isabella Archan: Auch Killer haben Karies

- ein skurriler Kriminialroman.


Taschenbuch, 320 Seiten
Emons Verlag, 23. März 2017

Nachdem ich den Krimi "Helene geht baden" von Isabella Archan rezensiert hatte, war die Autorin, die auch schon in meiner Lieblings-Buchhandlung gelesen hat, so freundlich, mir einen ihrer weiteren Krimi zukommen zu lassen.

Auch dieses Mal kommt der Humor glücklicherweise nicht zu kurz und mildert so die recht drastischen Schilderungen des Mordes.




Worum geht es?

"Ebbi liebte ihren Mörder." (S.8)

So lautet der erste Satz des Romans, in dem zu Beginn minutiös beschrieben wird, wie ein Mann in Frauenkleidern von einem anderen stranguliert wird.

Währenddessen sitzen im Café gegenüber der Kölner Hauptkommissar Jakob Zimmer und Dr. Leocardia Kardiff, eine Zahnärztin mit Spritzenphobie, die sich beide während einer Mordermittlung kennen gelernt haben. ("Tote haben kein Zahnweh")

Sie werden während ihres 7.Dates Zeuge, wie "Ebbie" aus dem Fenster der Wohnung auf ein Auto fällt und Leo kann nur noch den Tod feststellen, während Jakob Zimmer sofort seine Kollegen - Birgit von Zeh, Per Kowalski und Luis Fahrenz - benachrichtigt und den Tatort, eine leere Wohnung, sichert.
Beim Toten handelt es sich um Eberhard Dallinger, 51 Jahre alt, wohnhaft in Köln, der eine ausgeprägte weibliche Seite hatte - daher die Frauenkleider, die jedoch nicht von seiner Frau stammen, die seine Vorliebe kennt.
Angestellt war er bei Hannes Probst, der eine Kosmetik-Serie vertreibt und am nächsten Tag in Leos Zahnarztpraxis auftaucht. Er ist einer von vier neuen Patienten, die sie am Tatort gesehen und dort erfahren haben, dass sie Zahnärztin ist.

Da auch die Innensicht des Mörders selbst eingenommen wird, erfahren wir als Leser*innen, dass einer der Neuen der Täter sein muss:

"Er hatte vor gerade mal einer Stunde mit stoischer Ruhe einen Gürtel um einen Hals gelegt und einen Körper zwei Etagen abwärts befördert, doch bereits seit seinem fünften Lebensjahr fürchtete er sich vor allem, was mit der Silbe "Zahn-" begann. Panisch. (...) Den ersten Stich an den unteren Vorderzähnen hatte er vorhin bei der Frage "Die Zahnärztin?" gespürt. Ausgesprochen von einer Polizistin in Zivil, die sich an ihm vorbei durch die Menge gekämpft hatte, ihren Ausweis in die Höhe haltend." (S.49, 50)

Am lustigsten sind die Kapitel, die aus der Ich-Perspektive Leos erzählt werden, die nicht nur von einer Spritzen-Phobie geplagt ist, sondern auch den Tick hat, sich selbst zu ohrfeigen, um sich zur Räson zu rufen. Sich zu sagen, nicht in die Ermittlungen einzugreifen. Sie ist 44 Jahre alt, geschieden, Mutter von 15-jährigen Zwillingen und scheint eine sehr neugierige Person zu sein, so dass sie sich natürlich einmischen wird und zwangsläufig in Gefahr gerät.

Die Suche nach dem Mörder entpuppt sich dabei als schwieriger als gedacht. Der junge Ermittler Luis findet heraus, dass es innerhalb Deutschlands und sogar in Bern weitere Fälle gibt, bei denen der oder die Tote nach dem Mord "gefallen" sind. Hat das Kölner Ermittlerteam es mit einem Serienkiller zu tun?
Der zunächst recht einfach erscheinende Fall hält noch eine erstaunliche Wende bereit.


Bewertung
Wie in "Helene geht baden"  haben wir es auch dieses Mal mit einem Täter zu tun, der psychisch krank ist, ohne dass dies im Detail geklärt wird. Schwankt der Krimi um Helene zwischen Gefahr und Komik, überwiegen in diesem Krimi die komischen Elemente. Dafür sorgt die schräge, chaotische, aber liebenswerte Leo, die auf eigene Faust Fragen stellt und in den Fokus der Gefahr gerät - und das gleich mehrmals.
Obwohl man recht früh weiß, wer der Täter ist, erfährt der Fall eine überraschende Wende und es zeigt sich, dass sich mehr dahinter verbirgt, als man zunächst ahnt.
Besonders gut haben mir die Wechsel in der Erzähl-Perpektive und die szenischen Elemente gefallen. Ein Kapitel besteht ausschließlich aus einem Dialog, einem Telefongespräch, und eines gibt wieder, was auf die Mailbox des Mörders gesprochen wird, ein weiteres ist "Eine Szene wie aus einem Drehbuch:" (S.273) mit entsprechenden Regieanweisungen.

Ein spannender, amüsanter und sehr unterhaltsamer Krimi, mit einem sympathischen Ermittler und einer schrägen Zahnärztin, die sicherlich noch in den ein oder anderen Fall hineingeraten wird - so deutet es zumindest der Epilog an.

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